Volkshybrid Reloaded

Im vorherigen Artikel hatte ich ja den Ansatz des von ZF-Chef Scheider propagierten Volkshybriden unterstützt. Die VW Ankündigung, sich ganz auf batterieelektrisch angetriebene Autos konzentrieren zu wollen, eröffnete aufs Neue die Diskussion über den richtigen PKW Antrieb in der Zukunft. Verstärkend wirkt die VW Forderung an die Politik nach einer auf diesen werksintern beschlossenen Ansatz zugeschnittene Förderung.

Gerade BMW hat sich in den letzten Tagen stark dagegen positioniert und für Technologieoffenheit plädiert – und hier ist er nun wieder, nur aus anderem Munde, der Hybrid, der alles andere als eine kurzfristige Übergangstechnik ist. Offen bleibt in den Ausführungen des BMW Chefs, ob er den einfachen Volkshybriden meint oder den verbrennungsantriebsmaximierteEurohybriden mit Turboaufladung und gerne auch als Plug-In Hybrid.

Und in all diese öffentlich ausgeteilten Dissonanzen tritt nun mit leisen Tönen die Information ans Licht der Öffentlichkeit (z.B. VDI Nr. vom 12. April 2019), dass Toyota nahezu 24000 Patente zur Hybridtechnik zur Verwendung durch Dritte freigibt. Dass ein Paukenschlag so leise von Statten gehen kann, hätte ich mir bis vor kurzem auch nicht vorstellen können.

Da tun sich vor meinem geistigen Auge riesige Möglichkeiten und gleichzeitig Fragen auf: Das müsste doch ein extremer Beschleuniger sein zur Einführung von umweltfreundlichen nachhaltigen Hybriden speziell auch in Europa sein. Oder umgekehrt gefragt, war ein toyotaischer Patentgürtel von 24000 Patenten ursächlich dafür, dass die europäische Autoindustrie so vehement auf ihrem technischen Irrweg des Maximalverbrennerhybrides beharrten und dafür nichts als Unverständnis und Nichterfolg ernteten? Oder hat jemand das Gefühl, dass die ohnehin schweren Mittel- und Oberklasse Limousinen der europäischen OEM durch das Füllen der wenigen Packagelücken mit E-Komponenten neben Gewicht Kosten und Komplexität auch Anflüge von Begeisterung und Kaufwut erzeugten?

Nachdem ja vor einiger Zeit schon Tesla mit der Öffnung seines Patentportfolios im Bereich des batterieelektrischen Antriebs für Furore sorgte, geht nun Toyota in eine bespiellose Offensive von ganz anderer Dimension. Allein die hundertfache Patent Anzahl spricht da schon Bände. Darüber hinaus anzukündigen, den Weg zu den eigenen Zulieferern zu öffnen und zu genehmigen, dass Dritte direkt von Toyota entwickelte Komponenten kaufen können und Toyota Ingenieure ihnen bei der Systemintegration helfen, verschlägt einem die Sprache.

Gespannt bin ich nun, ob der gesunde Menschenverstand endlich hilft zur bremsenergierückgewinnenden sanften E-Unterstützung des Verbrenners überzugehen oder ob die Oldschool Technologie dominiert und man beim verbrennungsmaximierenden, turboaufgeblasenen Downsizing-Verbrenner bleiben will.
Die großzügige japanische Hand nicht zu schütteln wird jedenfalls teuer. Die nicht vorhandene Eurobatterie muss schon heute den koreanischen und chinesischen Batterieherstellern kostspielig abgegolten werden. Wenn man als OEM das Zahlen der Emissionsstrafsteuern nicht als adäquates Szenario in Betracht zieht, ist wohl der turbofreie Volkshybrid die einzige kurzfristige Alternative zum Batterieauto!

Dr. Ulrich W. Schiefer, MBA

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